Ich kann Herrsching nur danken

Ich war bei Gerhard Deininger 1960 im 15. Grundkurs.

Es waren damals tolle Kerle dabei. Habe natürlich mit immer wenigeren noch Kontakt.

Ein Prof. Nepik gab Ethik. Eine seiner Aussagen war: „Ihr Bauern habt es leicht. Ihr geht doch mit der Schöpfung um, euren Mitmenschen, euren Tieren, eurem Wald, euren Feldern. Habt Achtung, es ist alles Gottes Schöpfung. Eure Arbeit kann mit der richtigen Einstellung euer tägliches Gebet sein.“

Wir Kinder zu Hause lebten an der Kirche, waren täglich vor der Schule in der Frühmesse, ich sang 20 Jahre im Kirchenchor und erlebte nach der Schule in Herrsching auch die Quer3elen der Hierarchie sehr viel kritischer.

Nepik sagte auch: „Bevor ihr euch ärgert, sucht eine schöne Stelle im Wald oder in der Natur und bittet und dankt dem Schöpfer.“ Durch diese Einstellung kam ich sehr bald zum Biolandbau 1976 und durch die Fügung Gottes zur richtigen Partnerin, denn in meinem Kurs in Herrsching war der Sohn der „Lehrfrau“ von Ingrid, meiner Frau.

Es kann kein Zufall sein, sondern Fügung.

Ich kann Herrsching nur danken.

So viele Möglichkeiten, man muss sie nur nutzen!

„Wolltest du nicht mal den Hof übernehmen?“ -hieß es 2015 von meiner Mama- „dann solltest du doch langsam mal deine Ausbildung zum Landwirt machen“. Eilig hatte ich es eigentlich nicht, besaß ich doch einen guten Beruf in der Industrie. Dennoch entschied ich mich mit 25 Jahren mit dem Landwirt einen zweiten Beruf zu erlernen, die Tragweite dieser Entscheidung für mein Leben konnte ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht überreißen. 

Am Ende meiner Lehre entschied ich mich, ein viermonatiges Auslandspraktikum in Neuseeland zu absolvieren. Niemand der mich kannte wollte glauben, dass ich das wirklich mache. Tatsächlich konnte ich mir das selbst am wenigsten glauben. Doch ich habe es durchgezogen. Und was soll ich sagen? Es fühlte sich großartig an, mal die eigene Komfortzone zu verlassen und sich auf die neuen Erlebnisse und Erfahrungen einzulassen. 

Gerne wäre ich noch länger geblieben, doch Zuhause erwartete mich Anfang 2018 bereits das nächste Abenteuer: der 124. Herrschinger Grundkurs. Über die 10 Wochen erfuhr ich nicht nur persönliche Bildung, sondern erhielt auch erste Einblicke in die Agrarpolitik und lernte noch ganz nebenbei viele Freunde fürs Leben kennen. Die Kontakte halten bis heute und ich merkte schnell, wie hilfreich und wichtig ein breites Netzwerk sein kann. Der Grundkurs war für mich das Schlüsselerlebnis, wie interessant die agrarische Welt sein kann. Hier gibt es so viele Angebote, man muss sie nur auch annehmen. 

So war es abzusehen, dass ich mich auch für den 47. TOP Kurs 2022 der Andreas Hermes Akademie in Königswinter bei Bonn bewarb. Tatsächlich kam dann auch die Zusage und ich konnte die in Herrsching gewonnenen Grundlagen noch weiter vertiefen. Hier nahm ich vor allem mit, mir selbst mehr zuzutrauen, selbstreflektierter zu sein und mich selbst, so wie ich bin zu akzeptieren. 

Zwischen Grund- und TOP Kurs gab es aber zunächst zwei weitere Stationen: die Fachschule für ökologischen Landbau in Landshut-Schönbrunn von 2018 bis 2020 mit abschließendem Meisterbrief und der Agrarbetriebswirt 2020/21 in Triesdorf. Hier konnte ich meine fachlichen Kenntnisse vertiefen und lernte auch die Bedeutung der Landwirtschaft in der Gesellschaft kennen. Außerdem wurden mir die vielfältigen Möglichkeiten bewusst, die man als Landwirt hat, um sich betrieblich und persönlich weiterzuentwickeln.

Während meiner Aus- und Fortbildung hatte ich die Gelegenheit zweimal am Berufswettbewerb der deutschen Landjugend teilzunehmen. Hierbei wurde ich in der Sparte Landwirtschaft I und II jeweils bayerischer Sieger, in der L II kam ich auf Bundesebene sogar auf den zweiten Platz. Somit konnte ich hier mit dem Austragungsort im HdbL noch einen weiteren Erfolg nach dem Grundkurs feiern.  

In all der Zeit erkannte ich, wie essentiell für eine funktionierende Gesellschaft ehrenamtliches Engagement und der Wille zum Gestalten ist. Nicht zuletzt aus diesem Grund nahm ich die Chance wahr, als Vorsitzender der Bayerischen Jungbauernschaft die Agrarwelt mit zu formen. Der TOP Kurs hat mir an dieser Stelle das nötige Selbstbewusstsein gegeben, mir das Amt überhaupt zuzutrauen. Und der heimische Betrieb mit Ackerbau und Mutterkuhhaltung mit Direktvermarktung gibt mir die nötige Flexibilität, die zahlreichen Termine wahrzunehmen. Besonders dankbar bin ich meinen Eltern, die mir hier den Rücken freihalten. Zwar ist dieses Amt sehr fordernd, doch kann man genau hier über sich selbst hinauswachsen. Und all die Erfahrungen und Begegnungen sind unbezahlbar. Besonders spannend finde ich, wie viele alte Freunde und Bekannte aus früheren Stationen ich hier wieder treffe.

Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich wirklich jede Gelegenheit genutzt habe, die sich mir in den letzten Jahren auftat. Zweifelsohne dominierte nicht immer die Vorfreude zu all den neuen Stationen und Herausforderungen, doch bin ich sehr froh, mich einfach mal auf neue Dinge eingelassen zu haben und dass ich all diese Erfahrungen machen durfte. Ich bin gespannt, wohin mich das Leben noch bringt, doch ich kann jedem nur empfehlen: Bleibt interessiert, schaut über den Tellerrand hinaus und macht auch mal Dinge außerhalb eurer Komfortzone, denn genau daran wächst man als Mensch und landwirtschaftlicher Unternehmer! 

Herrsching mit Nachspiel

Am 6. Januar 1993 fuhr ich mit großen Erwartungen zum Start des Grundkurses nach Herrsching. Seit frühester Jugend war ich nicht nur landwirtschaftlich interessiert, habe gerne in unserem Gasthaus mitgeholfen, sondern war politisch interessiert. In meinem Kinderzimmer hingen keine Poster von Popstars oder Schauspieler, sondern von Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber – so war der Besuch des Grundkurses bald ein großes Ziel.

Als ich in Herrsching ankam, ahnte ich noch nicht, dass Herrsching für mich mehr werden würde, als der Grundkurs. Nicht nur, dass der Grundkurs meine Erwartungen vollkommen erfüllte und von vielem profitiere ich noch heute. Etwas einschneidendes kam noch hinzu. Die Küche hatte in diesem Winter viele Krankheitsfälle zu verkraften und es herrschte akuter Personalmangel, was dazu führte, dass Herr Dr. Treiber den Grundkurs um Mithilfe in der Küche bat. Ich wurde besonders oft eingeteilt, da ich ja mit „gastronomischen Vorkenntnissen“ ausgestattet war. Es sollte sich lohnen; denn schon bald entwickelte sich zwischen mir und der stv. Küchenleiterin Martina mehr als die Mithilfe in der Küche und am letzten Tag des Grundkurses, fragte mich Wulf Treiber, ob man mich noch häufiger in Herrsching sehen würde, was ich bejahte. 1996 heiratete ich Martina und gemeinsam führen wir unseren Betrieb und haben ihn stets weiterentwickelt. Doch Herrsching sollte mich noch öfter sehen. 2003 wurde ich Bezirksvorsitzender und seit 2008 Landesvorsitzender des vlf Bayern, außerdem von 2007 stv. Kreisobmann und 2017 wurde ich BBV-Kreisobmann in Passau. Unser Betrieb hat sich bestens entwickelt, mein verbands- und kommunalpolitisches Engagement ist und bleibt meine Leidenschaft u. a. auch als stv. Landrat des Landkreises Passau. Bezeichnenderweise hatte ich im Grundkurs den Spitznamen „Landrat“.

Der Herrschinger Grundkurs ist ein unschätzbares Element in der Ausbildung und kann auch andere positive Effekte mit sich bringen, die sich ein Leben lang lohnen.